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Erfahrungsbericht: Olivetti Quaderno

Autor: Hartmut Lüdtke

Im April 1998 konnte ich auf der Hobbytronic in Dortmund günstig einen gebrauchten kompletten Olivetti Quaderno kaufen. Er ist mit 15 x 21 x 3,3 cm nur halb so groß wie ein DIN-A4 Blatt und 1998 neben der Libretto-Serie von Toshiba das mir bekannte kleinste Notebook der Welt. Der Schönheitsfehler ist bloß, Olivetti hat den Quaderno bereits 1991 auf den Markt gebracht! In dem Ultraportable arbeitet ein V30-Prozessor von NEC, ein Mikroprozessor mit 16 Megaherz, der ein paar Befehle weniger beherrscht wie ein 286er, dafür aber auch etwas schneller ist. Wie Jürgen Heinisch schon schrieb, war das Gerät seiner Zeit leider um Lichtjahre voraus, und konnte sich am Markt nicht etablieren. Olivetti blieb mit diesem richtungsweisenden Gerät der gewünschte Erfolg versagt.

Mein Gerät hatte leider eine defekte Festplatte, bei der sich im Betrieb die beschädigten Sektoren täglich vermehrten. Eine Anfrage im Fido-Net ergab nur die ungenaue Erkenntnis, daß es früher wohl öfters Probleme mit den Festplatten in den Quadernos gegeben hat, und daß es nicht ganz einfach sei, das Gerät überhaupt fachgerecht zu zerlegen. Mit einem kleinen Kreuzschlitzschraubendreher rückte ich dem Notebook dann auf den Pelz. Im Gerät fand ich eine Conner CP-2024 Festplatte mit für heutige Verhältnisse sagenhaften geringen 20 Megabyte Kapazität.
Mit dieser Bezeichnung fand ich dann im Internet Informationen über Bauart und Anschlußadapter. Die CP-2024 ist scheinbar die einzige 2,5"-IDE-Platte mit einem 8-Bit XT-Bus-Interface, was die Wahl einer Alternativplatte sehr stark einschränkte. Lange Zeit fand ich keinen Ersatz, bis ich auf dem GUC-Server im Internet den Gedanken äußerte, in den Quaderno eine große SRAM-Karte einzusetzen, um so zumindest teilweise die Festplatte zu ersetzen. Jetzt meldete sich ein Geos-User aus Paris und bot mir eine Platte aus seinem Ersatz-Quaderno an. Ja, er hatte sogar zwei dieser genialen Geräte, einen mit defekten Display nur als Ersatzteillager.

Für eine Jahresmitgliedschaft im GUC war er bereit, mir die Festplatte zu verkaufen, klar, daß ich sofort zusagte! Die neue gebrauchte Platte war in etwa einer halben Stunde eingebaut. Da wegen FAT32 (das neue Festplattenformat von Win'95b) eine Verbindung zum PC via Interlink nicht klappte, kopierte ich von Diskette eine Light-Version vom Norton Commander zum Quaderno und spielte mittels CommanderLink mein Backup von der alten HD auf die neue Platte auf. Nach ein paar absolut problemlosen Tests mit "NewDeal Office 3.0 final-beta3" ließ ich eine ganze Nacht das Programm "Calibrate" von den Norton Utilities laufen. Am nächsten Morgen dann das freudige Erwachen: Beim Festplatten-Intensivtest wurde nicht ein defekter Sektor auf der Festplatte gefunden!

Der nächste Weg führte mich nun nach Hamburg in ein großes Elektronikkaufhaus. Hier kaufte ich sechs Nickel-Metallhydrid Akkus, Mignonzellen 1,2 Volt, 1100 mAh. Laut Handbuch soll man im Quaderno entweder ein wiederaufladbares Ni-Cd-Akkupaket oder sechs Alkali-Batterien verwenden. Wird aber der Originalakkupack von Olivetti verwendet, drückt ein kleiner Stift auf einen versteckten Schalter im Batteriefach und läßt das Laden des Akkupacks über das externe Netzteil zu.
Ein Bild im Handbuch zeigt sogar ziemlich genau, wo dieser Stift drücken muß.

Mit einer Heißklebepistole habe ich nun ein Streichholz ohne Zündkopf an den ersten Akku geklebt und ihn am Ende 8 Millimeter überstehen lassen.
Anschließend habe ich diesen Akku vorsichtig eingelegt und darauf geachtet, daß der kleine Stab korrekt auf den Schalter drückt. Dann legte ich die restlichen fünf Zellen ein und klebte alle sechs Akkus mit der Heißklebepistole zu einem Akkublock zusammen. Dieser selbstgebaute Akkupack hat nur 30 DM gekostet und eine fast doppelt so hohe Kapazität wie der originale von Olivetti. Da keine Hintergrundbeleuchtung die kleinen Mignonakkus beansprucht, kann ich mit dem Quaderno unter optimaler Ausnutzung aller Stromsparmechanismen weit über fünf Stunden netzunabhängig arbeiten.

Als wichtigste Programmpaket ist natürlich die Beta 3 von NewDeal Office aufgespielt. Mit 640 x 400 Pixel, monochromer Auflösung und Win'95-ähnlicher Oberfläche war dieses Gerät die ersten Tage "der Blickfang" auf meiner Arbeit. In den spärlich gesäten Augenblicken des "Nichtstuns" (z. B. während der Nachtschicht) wurden von meinen Kollegen so manche Runden "Tetris", "Solitär", "Uki", "Mines" und auch "Same" gespielt.

Gewöhnungsbedürftig ist das unbeleuchtete Flüssigkristalldisplay. Es kann acht Graustufen darstellen und erhält seine "Leuchtkraft" nur durch das Umgebungslicht. Der Bildschirm ist um Längen brillianter und schärfer als das Display z.B. vom OmniGo, aber nicht optimal entspiegelt. Normales Tageslicht ist mehr als ausreichend, um vernünftig mit dem Quaderno zu arbeiten, eine 9 Watt/400 Lumen starke Energiesparröhre in meiner Schreibtischlampe reicht im direkten Licht immer noch gut aus, um schnell mal eine Notiz zu schreiben oder eine Telefonnummer zu suchen. Gleich nach dem Einschalten kann ich NDO im Win95-Outlook in 35 Sekunden booten. In weiteren 25 Sekunden starten auf Wunsch NewDraw oder NewWrite. Und ist Write erst einmal aufgerufen, sind meine Finger beim Schreiben langsamer als die langsamste CPU.

Einzig das Beenden von NDO und die diversen Stromsparmechanismen machen Probleme. Hier stürzt der Rechner regelmäßig ab. Aber mit Druck auf den speziellen "MF-Knopf" in der Olivettitastatur und auf den Ein-/Ausschalter führt der Rechner schnell einen Reset durch und initialisiert sich neu. Daten unter NDO gehen dabei nicht verloren. Die Stromsparfunktionen lassen sich in der Startdatei von NDO durch ein paar winzige Hilfsprogramme aus dem Internet einfach abschalten.

Ihr merkt es, meine Begeisterung für diesen Quaderno ist ungebrochen, und hat durch die neue Festplatte zu neuen Höhenflügen angesetzt. Ich stelle mir oft ein Gerät mit diesen Abmessungen, einem ebenfalls nicht hintergrund-beleuchteten 640 x 480 Graustufenbildschirm, Lithium-Ionen-Akku, 2 GB Festplatte, 8 MB Speicher und sparsamen 486er-Prozessor vor. Ein Gerät mit einer Mindestakkulaufzeit von 5 Stunden, welches aus meiner Sicht mit Geoworks oder NewDeal Office 3.0 alle grundsätzlichen Ansprüche an einen "Laptop" erfüllen würde. Ich bin kein Marketingstratege, und auch keiner, der konkrete Aussagen über die Kosten machen kann, aber dieses Gerät würde sich meiner Meinung nach auch im Zeitalter von Windows CE für deutlich unter 1000 DM verkaufen lassen - nur müßten ein seriöser Produzent, eine verständnisvolle Presse sowie eine gute Alternativ-Reklamekampagne gefunden werden. In einer Zeit, wo das Geld an allen Ecken und Enden knapper wird, wäre es vielleicht mal wieder an der Zeit, sich darauf zu besinnen, daß ein Notebook absolut nicht die gleiche Leistung bringen muß wie der Desktop zu Hause.

Übrigens kann ich neben einen Diskettenlaufwerk und Drucker sogar ein CD ROM-Laufwerk oder ein ZIP-Drive sowie ein Modem an den Quaderno anschließen. Ob ich allerdings z. B. unbedingt AVI- oder MPEG-Videos auf einem Laptop wiedergeben muß...
FAXEN, eMail und via Terminalprogramm in eine Mailbox schauen sind aber komfortabel und sinnvoll sogar auf dem Quaderno unter DOS und NewDeal Office 3.0 möglich.

 

Hartmut Lüdtke

 

 

 




Dieser Artikel ist Bestandteil von:

Ausgabe 60

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Letzte Änderung am 01.11.2019