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DTP - aber richtig! (5)

Autor: Burkhard Oerttel

goldener Schnitt nach Tschichold Wer ein Blatt Papier von der linken oberen Ecke bis zur rechten unteren Ecke mit Text füllt, wird beim Leser auf wenig Gegenliebe stoßen. Rund um den gedruckten Teil einer Seite erwartet man einen Rand, aber über dessen Abmessungen herrscht weitgehend Unklarheit. Lediglich im Korrespondenzbereich wissen manche Computeranwender, daß einige DIN-Vorschriften die Blattgröße und -aufteilung regeln. Zwar kümmern sich die wenigsten privaten Computerbenutzer um diese Vorschriften, doch wer diese Regeln auch auf Broschüren und Bücher anwendet, ist leider auf dem Holzweg.

Im Gegensatz zu Korrespondenzformaten stehen sich beim Buch zwei Seiten gegenüber. Diesem Fakt folgt eine symmetrische Aufteilung beider Seiten, am Falz gespiegelt. Daher rührt auch der Ausdruck "Satzspiegel" für den bedruckten Bereich einer Seite. Um einen solchen Satzspiegel ästhetisch zu definieren, kann man sich verschiedener Methoden bedienen. Die aufwendigste ist die des "goldenen Schnitts" nach Tschichold, in der Abbildung dargestellt: Zuerst werden Diagolen über beide Einzelseiten und dann über die Doppelseite gezogen. Vom Schnittpunkt der einfachen mit der doppelten Diagonale fällt man das Lot zur oberen Blattkante; von dort ist eine Linie zum gegenüberliegenden Diagonalen-Schnittpunkt zu ziehen. Der Schnitt dieser Linie mit der einfachen Diagonalen ergibt die innere obere Ecke des Satzspiegels, von dem ausgehend ein Rechteck zu zeichnen ist, dessen äußere Ecken ebenfalls auf den Diagonalen liegen.

Einfacher ist es, wenn das Blatt quer in neun Abschnitte und hoch in acht Abschnitte zu teilen. Für den inneren und oberen Rand nimmt man dann je eines, für den äußeren und unteren Rand je zwei dieser Kästchen für den Rand ab und erhält einen Satzspiegel, der weniger perfekt ist als mit der Diagonalen-Methode, aber ausreichend.

Dieser nach welcher Methode auch immer gewonnenen Satzspiegel kann nun als einspaltiger oder mehrspaltiger Druckbereich benutzt werden - abhängig von der Seitenbreite und Schriftweite. Bei einer normallaufenden 10pt-Schrift sollte die Spaltenbreite 4 cm nicht unter- und 8 cm nicht überschreiten. Außerhalb des Satzspiegels sind lediglich Zusatzinformationen erlaubt, die nicht zum Fließtext gehören, also zum Beispiel Kopf- und Fußzeilen mit durchlaufenden Kapitelüberschriften, Fußnoten und Seitennumerierungen.

Eine Ausnahme gibt es auch von dieser Regel: Der außenliegende Rand darf bei Fachliteratur und Zeitschriften als "Marginalspalte" für erläuternde Texte oder Hinweise benutzt werden. Ausnahmsweise dürfen dort auch Abbildungen hineinragen; die Bildunterschriften sind dann ebenfalls in der Marginalspalte unterzubringen.

Apropos Abbildungen: Veröffentlichungen jedweder Art sind heute mit Tabellen, Grafiken und Illustrationen angereichert, manchmal auch überladen. Doch nicht nur die Menge der Abbildungen ist eine mögliche Quelle von Verdruß beim Leser, auch bei der Positionierung und Einbindung grafischer Elemente gibt es genügend Fehlerquellen.

Geos unterstützt das Einbinden von Grafiken gut. Eine besonders wichtige Funktion dabei ist die Option, eine Grafik automatisch vom Text umfließen zu lassen, damit auch bei späteren Textänderungen keine neuen Anpassungen an das eingebundene Bild vorgenommen werden müssen. Leider nehmen einige Möchtegern-Layouter den Begriff "umfließen" zu wörtlich und werden dabei von manchen Programmen auch noch unterstützt. Wenn Text um eine Grafik fließen soll, dann bitte nur einseitig! Es ist sehr abträglich für das Lesen, wenn mitten in einer breiten Textspalte eine Grafik steht und der Text rechts und links davon weitergeht. Dabei ist es egal, ob der Text nun in jeder Zeile links vom Bild abbricht und rechts davon weiterläuft oder links und rechts vom Bild Minispalten den Satz unterbrechen.

Text Umfliessen Geos läßt solche Eskapaden zum Glück gar nicht erst zu, in einem Fall geht die Sperre sogar zu weit, denn auch vertikal läßt es nur einseitig einen Text über oder unter einer Zeichnung zu. Diese Sperre läßt sich umgehen, indem durch Kopieren einfach eine Spalte mehr auf die Seite gebracht wird. Zwei Spalten werden dann manuell von oben und unten an die Grafik herangestaucht.

Grafiken, die horizontal beidseitig von Text umflossen werden, sind nur sinnvoll, wenn sie auf einer ohnehin vorgegebenen Spaltentrennung stehen.

Zur Form des Umfließens hat man die Auswahl zwischen zwei Varianten: Entweder wird ein rechteckiger Rahmen, der die komplette Grafik umschließt, umflossen oder der Text schmiegt sich an die Konturen der Abbildung. Letzteres ist nur bei einer Vektorgrafik möglich, denn Bitmapgrafiken werden ausschließlich als Rechteck importiert und bieten für das Programm auch keine Anhaltspunkte, welche Kontur denn nun umflossen werden soll.

In beiden Fällen ist der automatisch erzeugte Abstand des Textes zum Bild zu gering: Die Buchstaben sitzen "auf Knirsch" an der Grafik, weil der Textrahmen sich den Bildkonturen zu dicht anpaßt. Abhilfe schafft ein ungefärbtes Rechteck oder Polygon um das Bild. Beim Konturenumfließen muß das Polygon nicht alle Richtungsänderungen des Bildes mitmachen; auch bei grob gezeichneten geht der Effekt nicht verloren. Polygonrahmen ermöglichen es auch, importierte Bitmapgrafiken als Kontur umfließen zu lassen.

Ebenfalls für beide Varianten des Umfließens gilt, daß der Textrand zur Grafik hin ausgerichtet sein muß - beim Flatterrand wird selten ein Umfließen erkennbar sein. Steht die Grafik links, ist das in der Regel kein Problem; steht sie rechts, muß der Text rechtsbündig oder besser im Blocksatz ausgerichtet werden.

Zusätzlich zum Umfließen bietet Geos auch noch die Option des Einfließens von Text in ein Vektor-Objekt. Diese Möglichkeit ist aber bitteschön auf plakative Effekte im Akzidenzsatz zu beschränken.

Zum Abschluß dieser Serie über Typographie und Satztechnik will ich einige Randthemen zur Sprache bringen, die ich in den vorangegangenen Folgen nicht so recht unterbringen konnte. Abschließend ist das Thema DTP damit immer noch nicht behandelt, jedoch sind die wichtigsten Aspekte angesprochen worden.

Einer der häufigsten Typografie-Fehler ist die Verwendung falscher Anführungszeichen. Vom Schreibmaschinen-Zeichensatz sind nur die geraden "Tippelchen" bekannt, die auf der umgeschalteten 2 ] liegen. Diese Hilfslösung muß am Computer nicht mehr beibehalten werden, deshalb enthalten Zeichensätze der grafischen Oberflächen eine Vielzahl von typografisch korrekten Anführungszeichen, die allerdings sprachenabhängig unterschiedlich sind. Die Abbildung zeigt das deutlicher als es sich textlich darstellen ließe.

korrekte Anführungszeichen Geos verfügt in den Voreinstellungen über eine Option für korrekte Anführungszeichen, jedoch wird standardmäßig nur die angelsächsische Version benutzt. Auf der Diskette zum Sonderdruck dieser Reihe (siehe Hinweis am Schluß) ist ein Hilfsprogramm enthalten, das diesen Mißstand beseitigt.

Dann wäre da noch das leidige Problem der Unterstreichungen zu nennen. Eigentlich bedarf man dieser Hervorhebung, im Zeitalter der (typo)grafischen Auszeichnungen ja nicht mehr, doch häufig wird dieses Relikt aus der Schreibmaschinenära dennoch eingesetzt. Allerdings wäre es typografisch korrekt, wenn Buchstaben mit Unterlängen von der Unterstreichung ausgenommen werden. Doch ein Feature hierfür sucht man selbst bei guten Programmen meist vergebens, so daß man diese typografische Korrektheit im Handbetrieb vornehmen muß.

Die leidige Silbentrennung bereitet gleich in zweierlei Hinsicht Probleme: Da ist zum einen die orthografisch falsche Trennung zu erwähnen, die einfach darauf beruht, daß Geos mit Trenn-Algorithmen arbeitet, aber die Regeln der Silbentrennung nicht immer logisch sind. Bessere Trennprogramme verwenden Ausnahmelexika, in denen die Sonderfälle der Trennung erfaßt sind, und haben deshalb eine geringere Ausschußquote - ganz fehlerfrei arbeitet aber kein Programm, deshalb ist Korrekturlesen immer erforderlich (genau wie bei der Rechtschreibprüfung).

Das andere Tennungsproblem ist wieder ein typografisches: Im Blocksatz sollen die Trennstriche ein wenig über den rechten Textrahmen hinausgehen, die von den Textprogrammen gesetzten Trennstriche schließen aber bündig ab; auch hierzu ist noch keine Besserung in Sicht.


Typografie-Broschüre

Damit bin ich am Ende dieser Reihe über DTP und Typographie angelangt. Die komplette Reihe ist als Sonderdruck beim Software-Versand Michael Kramer, Postfach 42 04 26, 12064 Berlin, für 15 DM erhältlich; eine Diskette mit Text-Utilities und Schriften im Geos-Format liegt bei.

 

Burkhard Oerttel

 

 

 




Dieser Artikel ist Bestandteil von:

Ausgabe 48

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Letzte Änderung am 01.11.2019