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DTP - aber richtig! (3)

Autor: Burkhard Oerttel

Meine Anfang vorigen Jahres erschienenen Artikel über DTP haben ja noch etliche Fragen offengelassen. Die Einführung des Schriftpakets PrintWorks für GeoWorks mochte ich zum Anlaß nehmen, sie fortzusetzen, weil einige der bisher fehlenden Aspekte mit den speziellen Eigenschaften von PrintWorks korrespondieren.

Typographie ist eigentlich die Buchdruckerkunst, also das Verständnis für und die Anwendung von verschiedenen Schriftgrößen, Fettegraden, Laufweiten sowie Auszeichnungen für die Gestaltung von Druckseiten.

Die Grundregeln der Typographie sind einfach zu erlernen, wie in den ersten Folgen dieser Reihe schon zu lesen war. Man muß nur ein paar Spielregeln beachten, um das "Werk" gut aussehen zu lassen. Bisher war ja nur von Schriftarten und -stilen die Rede. Nun sollen einige weitete Themen zur Sprache kommen, zum Beispiel die Schriftgröße.

In der Druckerkunst ist die Schriftgröße gleichbedeutend mit dem minimalen Zeilenabstand und wird in Punkt (pt) gemessen. Als Faustregel gilt: 4 pt = 1 mm Versalhöhe (Höhe der Großbuchstaben).

Man verwendet für Fließtext 9 ... 12 pt; der Zeilenabstand sollte 20% größer sein, bei einer Schriftgröße von 10 pt soll er also 12 pt betragen. Diese Vergrößerung des Zeilenabstandes wird als Durchschuß bezeichnet.

Schriftgrößen Die Schriftgröße von Überschriften wird größer gewählt. Wenn man z.B. Titel, Untertitel und Überschriften hat, kann man folgende Schriftgrößen verwenden:
Oft wählt man für Überschriften nicht größere, sondern fettere Schrift und eine geringere Vergrößerung. Mit Hilfe des Fettegrades kann man auszeichnen oder auch betiteln, wobei für Auszeichnungen ein halbfetter Fettegrad (demi oder medium) anzuraten ist. Die Fettegrade extra fett und ultra fett sind behutsam zu verwenden, sie werden für Plakete, Annoncen, sehr große Titel und zur außerordentlichen Betonung gertraucht. Was in Geos-Stilmenüs als fett bezeichnet wird, hängt davon ab, welcher Fettegrad im Font hinterlegt ist. Meist handelt es sich dabei um einen halbfetten Grad.

Ein weiteres Gestaltungsmittel ist die Schriftweite. Mit Hilfe der verschiedenen Weiten kann man sich gegebenem Platz oder unterschiedlichen Anforderungen (Berichte, Briefe, Rechnungen etc.) leichter anpassen. Gegenüber der Grundschrift werden in der Weite geänderte Schriften als kondensiert bzw. expandiert bezeichnet. Die aus dem Amerikanischen übernommenen DTP-Bezeichnungen sind narrow und wide für ca. 10% Kondensation oder Expansion. Wird noch weiter gestaucht oder gedehnt, beieichnet man die Schriftweiten mit extra narrow / extra wide bis 20%, darüber ultra narrow / ultra wide. Größere Weitenunterschiede wirken verzerrt und damit ästhetisch nicht mehr befriedigend. Mit den Zeichenatributen der Schrift-Menüs in GeoWorks lassen sich auch Änderungen der Zeichenbreite erzielen, doch ist das Ergebnis nicht mit echten Schriftbreiten vergleichbar, weil nur berechnet und nicht als echter Schnitt gestaltet.

Aus Platzersparnis oder aus gestalterischen Gründen - z.B. bei Fußnoten - werden häufig auch kleinere Schriftgrößen, in Extremfällen 5 pt oder 6 pt, benötigt. Gerade dann wird es wichtig, weit laufende Schritte einzusetzen, um die Lesbarkeit zu verbessern. Bei sehr großen (Über-) Schriften verhält es sich gerade umgekehrt. Hierfür sind schmalere Schriftschnitte zu empfehlen, denn sie erlauben, noch größer zu schreiben bei gleicher Satzlänge. (Das kann hier als Beispiel schlecht vorgeführt werden.) Gerade die Satzlänge ist häufig durch das zu beschriftende Objekt vorgegeben und damit der beschränkende Faktor. Der Zeichenabstand in der Zeichen-Attribute-Box sollte hierbei gemeinsam mit der Schriftweite (beim Fehlen geeigneter Schnitte gemeinsam mit der Zeichenbreite} angewandt werden. Das Beispiel weiter oben in diesem Absatz hat eine Schriftgröße von 6 pt und die Attribute

 Zeichen-Attribute

Andererseits ist auch die Strichstärke von der Schriftgröße abhängig. Bei kleinen Schriftgrößen sind fette und erst recht extra- und ultrafette Schnitte eine Zumutung für den Leser. Bei großen Schriftgrößen dagegen erzeugen die normalen (mageren) Schnitte oft ein zu lockeres, zu wenig geschlossenes Schriftbild.

Diese Typographischen Grundsätze haben zu dem Schriftpaket PrintWorks geführt. Die Schriftdesigncr bei URW haben sich die Mühe gemacht, 25 Schriftschnitte zu jeder Schriftfamilie des Pakets herzustellen. Mit PrintWorks kann jeder PC-Benutzer in typographisch sinnvoller Weise normalen Text mit Überschriften gestalten, mit Marginalien und Fußnoten versehen und den Bildern in passender Beschriftung Legenden geben. Was will man mehr?

Mit PrintWorks können verschiedene Schriftgrößen typographisch unterstürzt werden durch sinnvollen Einsatz von Fette und Laufweite. Das erhöht die Lesbarkeit und Wirkung der gedruckten Botschaften.

Eines sollte man bei der Betrachtung von Typographie nicht vergessen: Gedruckter Text dient einzig und allein dem Transport von Information. Nur der Text ist gut gestaltet und erfüllt die wichtigste Forderung der Typographie, der ohne Mühe, ohne Umwege und ohne den Lesefluß hemmende unnötige Verzierungen dem Leser das gesprochene Ware wiedergibt (Hermann Zapf). Die zehn Schriften von PrintWrorks stellen eine solide Grundlage für den Aus-Druck der verschiedensten Aufgaben dar.

Ein weiterer Aspekt der Schrittweite ist die Laufweite, beide Begriffe werden auch in Fachpublikationen häufig verwechselt. Laufweite ist der Abstand der Zeichen voneinander, unabhängig von der Schriftweite. Man kann Buchstaben enger zueinander stellen, dann spricht man von Unterschneidung. Der Begriff ist im Ursprung wörtlich zu nehmen: Früher schnitten die Setzer tatsächlich keilförmige Teile aus dem Kegel (Körper der Druckletter), um die Buchstaben enger zu setzen. Das Gegenteil ist das Austreiben, bei dem Metallstreifen zwischen die Lettern getrieben wurden, um einen größeren Zeichenabstand zu erhalten. Beides läßt sich am Computer natürlich programmgestützt erledigen, bei GeoWorks mit der dritten Einstellung der Zeichen-Attribute, dem Zeichenabstand.

Wie so oft im DTP-Bereich werden auch hier die alten Drucker- und Setzerbezeichnungen durch Amerikanismen verdrängt. Unterscheidung bezeichnet man deshalb auch als Kerning, und damit komme ich zum Kern-Thema dieses Abschnitts: Man sollte Überschneidungen grundsätzlich erst ab Schriftgrößen von 14 pt aufwärts einsetzen, darunter lohnt der Aufwand nicht. Es sei denn, das Programm unterstützt automatisches Kerning. Und nun wieder eine verblüffende Erkenntnis: GeoWorks tut das! Das wußte nur bisher niemand, bis Marcus Gröber mir seinen selbstentwickelten Hackerwerkzeugen mal die Fontstrukturen näher betrachtete. Und siehe da, den Fontdateien fehlt es nur an den Informationen zum automatischen Kerning, sogenannten Kerning-Tabellen. In den Programmcodes ist die Behandlung der Kerning-Tabellen bereits enthalten.

Marcus beließ es nicht bei der Erkenntnis, er ruhte nicht eher, bis er ein Utility entwickelt hatte, mit dem er in vorhandene Fontdateien Kerning-Tabellen einarbeiten konnte. Leider hat sein Programm einen kleinen Schönheitsfehler: Es ist nicht einfach zu bedienen. Wir arbeiten räumlich getrennt, aber ideell gemeinsam an einer Oberfläche; irgendwann wird es auch klappen.

Als ich PrintWorks für GeoWorks auf den Markt brachte, kam Marcus auf eine weitere Idee in diesem Zusammenhang: In Truetype-Fonts sind Kerning-Tabellen enthalten, PrintWorks in der Urform liegt auch als TTF vor; schon entstand ein weiteres Gröber-Tool zum Auslesen der Kerning-Tabellen aus den TTF-Dateien und Erstellung einer Liste, die in Nimbus-FNT übernommen werden konnte. Nun fehlt es nur noch an einer Erstellung der Tabellen und einer passenden Programmsteuerung, damit alle PrintWorks-Besitzer Doubletten ihrer Fonts mit eingearbeiteten Kerning-Tabellen herstellen können. Zwar leide ich zur Zeit unter chronischem Zeitmangel, aber auf einer der nächsten Geos-PD-Disks wird diese Gemeinschaftsproduktion erscheinen.

Kommen wir zu einem weiteren Thema, das im Zusammenhang mit PrintWorks immer wieder erwähnt wird, der Schriftqualität. Man muß grundsätzlich zwei Qualitätsstufen unterscheiden: handwerklich erstellte und automatisch generierte Schriften. Bei den handwerklich gestalteten Schriften kann man in der Regel davon ausgehen, daß die Designer ihr Metier (zumindest halbwegs) beherrschen und die Kurventechnik voll ausnutzen. GeoWorks-User kennen ja auch die Bezierkurven, und gute Fonts bestehen eben aus Kurven mit so vielen Stützpunkten wie nötig, aber so wenigen wie möglich. Jeder Stützpunkt kostet Speicherplatz und stellt auch eine "Bruchmöglichkeit" der Umrißlinie dar. Schlechte Fonts haben immer zuviele Stützpunkte, was sich durch übermäßigen Speicherbedarf und schlechte Abbildungsqualität in der Vergrößerung bemerkbar macht. Ein Beispiel: Der Buchstabe o kommt eigentlich, egal in welcher Schriftart, mit 8 Stützpunkten aus - 4 auf der Außenlinie und 4 auf der Innenlinie -, wenn die Tangenten ("Anfasser" bei GeoWorks) richtig gelegt werden. Aus ganz pragmatischen Gründen benutzt man aber in der Regel je 8 Stützpunkte für die beiden Konturen, denn das o ist auch die Grundform für weitere Buchstaben, und da ist es bei 8 Stützpunkten einfacher, wenn man die Form aufschneiden und um weitere Bestandteile wie z.B. für b, d, p, q ergänzen muß.

Billige PD- und Shareware-Schriften dagegen werden nicht konstruiert, sondern von Vorlagen gescannt. Da das damit erzeugte Pixelbild nicht für einen Font geeignet ist, muß es in ein Vektorbild umgewandelt werden. Dazu gibt es "Tracing"-Programme, die aber einen wesentichen Nachteil haben, da die meisten von ihnen die Kurven nicht ordentlich interpretieren, sondern durch Kurvenstücke mit zu vielen Stützpunken oder gar eckige Linienzüge ersetzen. Die Abbildung zeigt das sehr drastisch: Links ein sauber konstruiertes o, rechts ein gescanntes und umgerechnetes. Nicht nur, das das rechte o viel zu viele Stützpunkte enthält, der Tracer hat auch Eckpunkte eingebaut, obwohl das o ja nun definitiv der Buchstabe ist, an dem es nur Kurvenpunkte geben darf. Dabei gehört dieses o zu einem PD-Font, der der Kategorie "gut" zuzuordnen ist, es gibt weit schlimmere.

inks ein sauber konstruiertes o, rechts ein gescanntes und umgerechnetesZOOM

Der erhöhte Bedarf an Stützpunkten wirkt sich natürlich auf die Dateigröße und die saubere Darstellung aus. Bei den Billigschriften bessert auch niemand die Kurven nach, Geos hat gegenüber anderen Programmen einen Nachteil bei der Fontverwaltung: Sobald ein Schriftschnitt mehr als 64 kB beansprucht, wird das System instabil und stürzt mit hoher Wahrscheinlichkeit ab. Bei kommerziellen Schriften bestehen diese Probleme nicht, und da inzwischen auch deren Preise immer weiter sinken, gibt es für schlechte PD-Fonts kaum noch eine Existenzberechtigung.

 

Burkhard Oerttel

 

 

 




Dieser Artikel ist Bestandteil von:

Ausgabe 44

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Letzte Änderung am 01.11.2019